Der Exorzist - Kritik | Film 1973 | Moviebreak.de (2024)

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Kritik

Längst hat er sich als einer der unerschütterlichen Klassiker in der Filmwelt etabliert: William Friedkins „Der Exorzist“ aus dem Jahre 1973. Dabei ist es auch genau das Werk von Friedkin, mit dem man den US-amerikanischen Künstler am ehesten verbindet, noch vor „French Connection – Brennpunkt Brooklyn“ oder etwa „Leben und Sterben in L.A.“. William Friedkin hat so einige großartige Arbeiten abgeliefert, zuletzt auch mit seiner Neo-Noir-Groteske „Killer Joe“ noch einmal unter Beweis gestellt, dass er auch im hohen Alter noch reichlich Tinte auf dem Füller besitzt. Doch „Der Exorzist“ lässt nicht mehr aus der Filmgeschichte wegdenken, stilprägend hat Friedkin den wortwörtlichen 'Horror' auf ein neues Level gehievt und darüber hinaus ein popkulturelles Monument geschaffen, welches sich oft hat parodieren lassen müssen, durch seine ikonischen Illustrationen (zum Beispiel: der berufene Exorzist als Schemen im nächtlichen Nebel vor dem Haus) aber selbst für die Menschen ein Begriff ist, die den Film nicht gesehen haben oder allgemein wenig mit Filmen am Hut haben.

Die obligatorische Frage zur Einleitung: Was macht „Der Exorzist“ denn nun eigentlich so exzellent? Alles, möchte man als geneigter Fan antworten. Doch es ist auch wenig verwunderlich, dass „Der Exorzist“ heutzutage mit reichlich Häme umzugehen lernen muss, ist er doch, so brillant er auch in Szene gegossen sein mag, ein Produkt seiner Zeit, eine Bestandsaufnahme eines Amerikas, das nach unzähligen Protestbewegungen den wissenschaftlichen Fortschritt als höchstes Gut erkennt. „Der Exorzist“ ist daher auch erst mal gar kein Horror-Film im eigentlichen Sinne, sondern er schildert den Konflikt vom wissenschaftlichen Aufschwung und der brüchigen Religiosität des Individuums. Damien Karras (Jason Miller) ist ein Jesuitenpater, befindet sich allerdings in einer Glaubenskrise und ist drauf und dran, einer neuen Herausforderung zuzustimmen. Als dann auch noch seine Mutter stirbt, werden die Zweifel an seiner Berufung massiver, Selbstzweifel plagen den Mann und er sieht sich nach so langer Zeit im Namen des Herren dazu gezwungen, seinen Gott infrage zu stellen. Jason Miller spielt diesen Mann mit einer subtilen Nachdrücklichkeit, wie man sie selten zu sehen bekommt.

Dass „Der Exorzist“ eine reaktionäre Ideologie vorgeworfen wird, weil er den Glauben als Mittel zur Lösung erkennt, ist wohl keine Überraschung, denn nicht weniger als in den 1970er Jahren sind auch wir darauf erpicht, alles zwanghaft zu intellektualisieren und in rationale Bahnen zu lenken. Wenn sich Regan (Linda Blair) immer schwerwiegender verändert und die Ärzte mit ihrem Latein langsam an ihre Grenzen stoßen, schält „Der Exorzist“ die Kritik an den unbändigen Fortschrittsdrang stärker denn je an die Oberfläche. Regan soll eine Läsion erfahren haben, eine Verletzung ihres Schläfenlappens, die Rhythmusstörungen der zerebralen Reaktion förderte, was die harsche Veränderung ihrer Persönlichkeit und die unglaubliche Beschleunigung ihrer motorischen Funktionen erklären vermag. Als die Röntgenbilder aber keine Schädigung zeigen, werden jede Menge Tests in abstoßend klinischem Ambiente angeordnet – Ohne Erfolg. Spätestens dann befällt die Beteiligten die Vermutung, es vielleicht doch mit einer höheren Macht zu tun bekommen zu haben. Und der reaktionäre Standpunkt? Der bleibt, wenn man sich denn unbedingt an ihm reiben will, was schlichtweg nicht vonnöten ist.

„Der Exorzist“ erkennt seine Dämonenaustreibung, die Damien Karras und Pater Lankester Merrin (Max von Sydow) im erdrückenden letzten Drittel des Filmes durchführen, nicht als allgemeingültiges Mittel. Und selbst wenn der kräftezehrende Exorzismus sein Ziel erreichen mag, schwebt am Ende doch auch eine deutlich Tragik durch den Raum, weil ein solches Unterfangen zwangsläufig Opfer fordert und das Böse, hier in Form des babylonischen Dämons Pazuzu, nicht vollends zerstört, sondern einzig weiterschickt wird. Wer glaubt, das Übermenschliche wäre in „Der Exorzist“ zum Ende vollständig vertrieben, der liegt falsch, dieses Amerika, in dem die Geschichte angelegt ist, zeigt sich in ganz und gar hoffnungsloser, kalter Fasson. Was William Friedkin im letzten Abschnitt von „Der Exorzist“ inszenatorisch bewerkstelligt, ist legendär: Die suggestive Stimmung, die der Mann evoziert, schnürt die Kehle zu, nachdem er den Schrecken ganz bewusst graduell gesteigert hat. Der unschuldige Körper des Mädchens wird widerwärtig entweiht, sie jongliert mit Vulgärismen, schwebt über dem Bett und spricht Sprachen, die ihr eigentlich unbekannt sein sollten. Atmosphärisch ist „Der Exorzist“ in diesen Minuten die Speerspitze des Horror-Kinos und allein der Klangteppich sucht wohl bis heute einen ebenbürtigen Gegner.

Fazit

Wenn die Mediziner von 'somnabulen Wahnbildungen' faseln und wir in den Ellipsen der Filmschnitte für wenige Sekunden dem Dämon in die Augen blicken, arbeitet der Film mit Ambivalenzen, die er den gesamten Film über aufrecht hält: Ist es ein pathologische Zustand oder womöglich doch das absolut Böse, gegen das hier in den Kampf gezogen wird? So verhält es sich bei „Der Exorzist“ auch in der Formulierung seines Wissenschaft-Glaube-Konflikts. Darüber hinaus ist „Der Exorzist“ schauspielerisch wie formal hervorragendes Kino, detailversessen wie nur möglich und immer noch so angsteinflößend wie am ersten Tag. Eines der größten Meisterwerke.

Kritik: Pascal Reis

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